About Freediving
Freediving is about silence, the silence that comes from within.
Jaques Mayol
Der Begriff Apnoe leitet sich aus dem altgriechischen (ohne Atem, Atemstillstand) beziehungsweise dem lateinischen (ohne Sauerstoff) ab.
Obwohl das Freitauchen die älteste Form des Tauchens ist, wurde der Sport erst durch den Kultfilm „The Big Blue – Im Rausch der Tiefe“ bekannt. Seit Urzeiten tauchen Menschen nach Perlen und Schwämmen am Meeresgrund. In Japan gibt es heute noch das Volk der Ama – in einem streng matriarchalischen System sind es ausschließlich die Frauen, die tagtäglich aufs Neue versuchen, dem Meer seine Schätze abzuringen.
Erst seit 1996 gibt es große internationale Wettkämpfe. Im Oktober 1996 fand die 1. Weltmeisterschaft in Nizza statt. Nur eine Handvoll Länder nahmen damals daran teil. Bereits zwei Jahre später, bei den 2. Weltmeisterschaften auf Sardinien konnte Veranstalter und vielfacher Weltrekordhalter Umberto Pelizzari 26 Nationen willkommen heißen.
Immer größere Tiefen
Die bei diesem Sport erreichten Tiefen werden immer unglaublicher. So stieß bereits im Jahre 1961 der Italiener Enzo Maiorca in eine Tiefe von 50 m vor. Er und der über Jahrzehnte andauernde sportliche Wettstreit mit seinem Freund und Widersacher Jacques Mayol (100 m im Jahr 1975) lieferten auch die Vorlage für den Film „The Big Blue – Im Rausch der Tiefe“.
Heute muten die erreichten Tiefen noch phantastischer an, die Protagonisten sind ähnlich schillernd und gegensätzlich wie dereinst Enzo und Jacques.
Faszination Freitauchen
Es gibt einige Gründe fürs Freitauchen. Man kann die Unterwasserwelt intensiver erleben, da viele Fische in einem Freitaucher lediglich einen Artgenossen sehen, der im Gegensatz zu einem Gerätetaucher keine störenden Luftblasen erzeugt. Sicher auch noch ein Motivationspunkt ist das ständige Bestreben, seine eigenen Grenzen auszuloten und immer weiter nach unten zu verschieben. Umberto Pelizzari fasste es sehr schön in folgende Worte: „Ein Freitaucher taucht um sich selbst zu (emp)finden“.
Physiologie des Freitauchens
Tauchreflex
Der Tauchreflex ist entwicklungsgeschichtlich sehr alt. Er stammt aus der Zeit, als unsere Urahnen als Amphibien auf der Erde weilten. Der Tauchreflex dient zur Reduzierung des Sauerstoffverbrauchs. Den lebensnotwendigen Sauerstoff können wir – mangels Kiemen – ja unter Wasser nicht aufnehmen.
Sparsamer Verbrauch erhöht also die Tauch-Zeit. Der Tauchreflex ist bei allen Säugetieren vorhanden, allerdings mehr oder minder stark ausgeprägt. Am Besten ist der Organismus der tauchenden Meeressäugetiere auf Apnoetauchgänge eingestellt.
Um mit dem lebenswichtigen Sauerstoff möglichst lange auszukommen wird bei unseren tauchenden Verwandten, den Walen und Delphinen, beim Tauchen die Herzfrequenz deutlich gesenkt und die Durchblutung nicht lebenswichtiger Organe stark gedrosselt. Bei Pottwalen sind Tauchzeiten von zwei Stunden beobachtet worden. Menschen sind im Gegensatz zu den Walen lausige Apnoetaucher.
Der Tauchreflex ist bei uns leider nicht sehr ausgeprägt. Die Möglichkeiten zur Sauerstoffeinsparung halten sich daher in Grenzen. Apnoetauchgänge von Menschen dürften unseren entfernten Vettern im Meer daher nur ein mitleidiges Lächeln entlocken.
Bloodshift
Rekord-Apnoisten müssen ihr Lungenvolumen extrem verringern können. Sonst droht in der Tiefe die Gefahr einer Lungenverletzung durch den in der Lunge herrschenden Unterdruck ( = Barotrauma).
Die Reduzierung des Lungenvolumens wird durch ein Training der Brustkorbbeweglichkeit und eine erhöhte Elastizität des Zwerchfells möglich. In extremer Ausatemstellung der Lunge verschiebt sich das Zwerchfell dann bis weit in den Brustraum. Zusätzlich erfolgt durch den (zunächst nur leichten) Unterdruck in der Lunge eine Blut-Umverteilung vom Bauch in den Brustraum ( = Bloodshift).
Hierbei dehnen sich die in der Lunge befindlichen Venen und füllen sich vermehrt mit Blut. Durch diese Umverteilung wird etwa 500 ml bis max. 1000 ml Blut in den Brustraum verlagert.
Jenseits von 30 bis 40 Metern Wassertiefe, nachdem der Brustkorb seine Ausatemstellung bereits erreicht hat (entspricht in etwa dem Residualvolumen), ist die Blut-Umverteilung in den Brustraum der wesentliche Faktor für die weitere Lungenvolumen-Reduzierung und der Schlüssel zur Vermeidung eines Unterdruck-Barotraumas.
Medizinische Probleme
Mit zunehmender Wassertiefe steigt der Umgebungsdruck. In 20 Metern Tiefe herrscht bereits ein Druck von 3 bar, dies entspricht ca. 2 ATÜ (also etwa wie in einem Autoreifen). Der menschliche Körper ist derartigen Drücken gewachsen, da flüssiges und festes Körpergewebe auch bei höheren Umgebungsdrücken nicht komprimiert werden kann.
Allerdings gibt es für Apnoetaucher ein Problem: Die luftgefüllten Höhlräume im Körper, wie Lunge und Nasen-Rachen-Raum. Da Gase durch höhere Drücke sehr wohl komprimiert werden, wird sich die gesamte Gasmenge im Körper bei 3 Bar auf ca. 1/3 ihres ursprünglichen Volumens verkleinern. Taucht man noch tiefer, so hat eine durchschnittliche Lunge bereits in etwa 30 Metern Tiefe ihre Ausatemstellung erreicht.
Noch vor ca. 40 Jahren dachte man, derartige Tiefen seien für Menschen überhaupt nicht zu erreichen.
Sporttaucher ( = Gerätetaucher) haben dieses Problem nicht, da sie über ihr Tauchgerät Luft mit dem jeweiligen Umgebungsdruck atmen können und so immer ihr normales Lungenvolumen behalten. Insgesamt gesehen beinhaltet Freitauchen weniger Risiken als Gerätetauchen, da z.B. Dekompressionskrankheit, Lungenriss etc. im Breitensportbereich nicht vorkommen.
Ausrüstung
Apnoe Maske & Schnorchel
Für das Strecken- und Zeittauchen (Dynamic und Static) ist im Prinzip jede Maske geeignet – selbst eine einfache Schwimmbrille mit Nasenklammer kann bei Static verwendet werden. Oder nur eine (Apnoe-)Nasenklammer bei Static verwenden. Beim Tieftauchen allerdings sollte man darauf achten, eine Maske mit möglichst kleinem Innenvolumen und weichem Silikon zu verwenden, da man für den Masken-Druckausgleich die eigene Luft aus der Lunge benötigt – und damit sollte man sehr sparsam beim Apnoetauchen umgehen. Für Fortgeschrittene eignet sich beim Tieftauchen ebenso eine (Apnoe-)Nasenklammer + Fluid Goggles. Beim Schnorchel gilt: je einfacher und weicher, desto besser (keine High-Tech-Schnorchel mit Ausblasventil), nicht länger als 35 cm und im Idealfall flexibel / weich. Der Schnorchel wird direkt unter das Maskenband gesteckt.
Apnoe Flossen
Freitauchflossen zeichnen sich durch ihr langes Flossenblatt aus. Da die meisten Turbulenzen an der Flossenspitze entstehen, werden lange schmale Flossen bevorzugt. Daraus resultiert ein größerer Vortrieb bei geringerer Schlaganzahl, daraus folgt: geringerer Sauerstoffverbrauch.
Die Härte des Flossenblatts sollte dem Trainingszustand angepasst sein. Darüber hinaus spielen persönliche Vorlieben eine entscheidende Rolle.
Es gibt Flossen aus Plastik (meist Polymer-Kunststoff), Fiberglas und Karbon, aber auch Mischformen (z.B. Karbon / Fiberglas von Leaderfins). Der Vorteil von Fiberglas- und Karbonflossen liegt in der Veränderung der Härte, Plastikflossen werden mit der Zeit weicher. Fiberglas- und Karbonflossen behalten ihren Härtegrad bei. Plastikflossen haben den Vorteil, dass man sie leicht transportieren kann (brechen nicht so leicht wie Karbonflossen) und: dass sie wesentlich günstiger in der Anschaffung sind.
Apnoe Taucheranzug
Für den Anfang genügt ein „normaler“ Neoprenanzug – wichtig ist: der Anzug sollte den Hals nicht einengen, der Zipp sollte am Rücken sein (vorne behindert der Zipp die Atmung). Besonders angenehm für z.B. Dynamic erweisen sich dünne, gut gedichtete Einteiler, aussen glatt, innen kaschiert. Später kann man sich auch einen speziellen Apnoe-Anzug zulegen, der aus weichem elastischem Neopren besteht und keinen Reißverschluss besitzt ( = Zweiteiler; Ober- und Unterteil „kleben“ durch Überlappung aufeinander). Am Besten außen kaschiert (weniger anfällig, man kann ihn auch zum Scuba Tauchen verwenden) und innen Titanium oder Opne Cell Beschichtung.
Handschuhe & Neoprensocken
Spezielle Apnoe-Handschuhe gibt es nicht, man sollte darauf achten, dass sie nicht zu dick sind (Beweglichkeit).
Neoprensocken sollte man immer tragen, da sie mehrere Vorteile aufweisen: Reibung am Knöchel ist nach längeren Apnoe-Sessions kaum vorhanden, der Fuß ,,sitzt“ am Fußteil kräftiger / besser, Kälteisolation, etc.
Bleigurt
Es gibt spezielle Kautschuk- oder Silikon Bleigurte für das Apnoetauchen. Vorteil zum Stoffbleigurt: er rutscht nicht in Richtung Brust beim Abtauchen und bietet mehr Flexibilität bei der Atmung. Das Blei sollte so dünn wie möglich (14 bis 18mm) und beschichtet sein.
Tauchcomputer, Tiefenmesser
Es gibt mittlerweile viele spezielle Tauchcomputer für das Apnoetauchen, die auch relativ preisgünstig sind. Ebenso auch Tauchcomputer, die mehrere Parameter anzeigen können, wie z.B. Modus Apnoe, Modus Scuba, Modus Nitrox, etc. Wichtig bei einem Apnoe Computer ist: dass man den Tiefenalarm gut hört und dass man mehrere Tiefenalarme einstellen kann. Der gute alte mechanische Tiefenmesser mit Schleppzeiger tut es auch, wird aber kaum mehr verwendet, da zu groß / zu klobig am Handgelenk.
Weiteres Apnoe Equipment:
Sehr empfehlenswert für die Sicherheit ist auf jeden Fall der Kauf einer Lanyard! Ein kleines Tauchermesser ebenso. (im Notfall: zum Durchschneiden einer Nylonschnur, falls man irgendwo hängen bleibt) Weiters kann man über die Anschaffung eines eigenen Bojen-Systems nachdenken, da muss aber auf jeden Fall ein Pulling System, eine geeignete Bottom Plate und ein Safety Stopper dabei sein! (Pflicht. Nicht nur für Instruktoren!) Das spezielle Apnoe Seil sollte auch kaum einen Dehnungskoeffizienten aufweisen. Bergsteig-Seile sind ungeeignet!
Wettkampf – Disziplinen
Static (Zeittauchen)
Static ist die einfachste aller Disziplinen und findet im Pool (am besten im flachen Wasser) statt. Es wird die maximale Tauchzeit ermittelt. Dabei liegt der Taucher so entspannt wie möglich (Arme und Beine hängen locker runter) an der Wasseroberfläche mit dem Gesicht nach unten. Der sichernde Partner steht in jedem Fall direkt neben dem Taucher im Wasser. Nicht-Apnoisten schütteln bei statischer Apnoe oft verständnislos den Kopf, dabei ist das Zeittauchen eine extreme Herausforderung an sich selbst und die eigenen psychischen Grenzen.
Aktuelle Weltrekorde
M: Stéphane MIFSUD (FR): 11 min 35 sec
F: Natalia MOLCHANOVA (RU): 9 min 2 sec
Dynamic (Streckentauchen)
Dynamic ist wie Static eine Pool-Disziplin. Der Taucher versucht mit einem Atemzug eine möglichst lange Distanz in der Horizontalen zurückzulegen.
Im Winter (wenn das Tieftauchtraining im Freiwasser nicht möglich ist) ist das Streckentauchen eine hervorragende Übung um die Beinmuskulatur für die kommende Tieftauch-Saison vorzubereiten.
Es gibt Streckentauchen mit und ohne Flossen (DYN = Dynamic with fins, DNF = Dynamic without fins).
Aktuelle Weltrekorde
DYN:
M: Mateusz MALINA (PL), Giorgos PANAGIOTAKIS (GR): 300 m
F: Magdalena SOLICH-TALANDA (PL): 243 m
DNF:
M: Mateusz MALINA (PL) 244 m
F: Magdalena SOLICH-TALANDA (PL): 191 m
Constant Weight
Der Taucher muss mit eigener Kraft hinabtauchen und darf so viel Blei mitnehmen wie er möchte, er muss allerdings die gesamte Bleimenge wieder an die Oberfläche bringen. Nicht umsonst nennt man Constant Weight die „Königsdisziplin“. Als Führung dient ein Seil (das allerdings nur einmal berührt werden darf) – daran ist in der angestrebten Tiefe eine Plakette angebracht, die der Taucher beim Erreichen als Beweis nach oben bringen muss.
Auch hier unterscheidet man wie bei der Dynamic: with or without fins (CWT = Constant weight with fins, CNF = Constant weight without fins).
Aktuelle Weltrekorde
CWT:
M: Alexey MOLCHANOV (RU): 130 m
F: Alessia ZECCHINI (IT): 107 m
CNF:
M: William TRUBRIDGE (NZ): 102 m
F: Alessia ZECCHINI (IT): 73 m
Free Immersion
Oder auch „Immersion Libre“. Diese Disziplin ähnelt dem Constant Weight – mit dem Unterschied, dass es erlaubt ist, sich am Seil hinab- und wieder heraufzuziehen, jedoch ohne Flossen. Es ist also die Kraft der Arme ausschlaggebend.
Aktuelle Weltrekorde
M: Alexey MOLCHANOV (RU): 125 m
F: Sayuri KINOSHITA (JP): 97 m
Variable Weight
Der Taucher darf ein zusätzliches Gewicht für seinen Abstieg verwenden, das Gewicht bleibt jedoch unten zurück und der Rückweg muss aus eigener Kraft zurück an die Oberfläche erfolgen.
Es ist erlaubt, sich mit den Armen am Seil hochzuziehen oder mit Hilfe der Flossen hoch zu schwimmen.
Variable Weight verlangt sehr viel Erfahrung vom Athleten, denn nach dem mühelosen Abstieg erfolgt der kräftezehrende Rückweg.
Aktuelle Weltrekorde
M: Stavors KASTRINAKIS (GR): 146 m
F: Nanja VAN DEN BROEK (NL): 130 m
No Limit
Wie der Name schon sagt: bei dieser Disziplin gibt es keine Beschränkungen. Das Gewicht des Tauchschlittens, der den Taucher hinabzieht, darf beliebig gewählt werden. In der maximalen Tiefe wird ein Hebesack gefüllt, der den Taucher wieder retour an die Oberfläche bringt, das heißt die körperliche Kraftanstrengung fällt nahezu vollkommen weg. Die Tauchtiefe wird von der Fähigkeit den Wasserdruck auszugleichen limitiert.
Wegen der enormen Tiefen, die derzeit erreicht werden, ist No Limit die wohl spektakulärste und bekannteste Art des Freitauchens (Verfilmungen: „Im Rausch der Tiefe“, „Ocean Man“). Der Aufwand, einen solchen Versuch zu organisieren ist enorm und das Risiko eines Unfalls ist weit höher als bei anderen Disziplinen.
Aktuelle Weltrekorde
M: Herbert NITSCH (AT): 214 m
F: Tanya STEETER (US): 160 m